Mein privater kleiner Spendenfond
Als 2020 die Pandemie ausbrach, traf das viele Leute hart. Eine gute Krankenversicherung, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld – all das gibt es in Namibia nicht, oder nur für die, die es sich leisten können. Für manche wurde Covid zur existenziellen Krise.
Da auch ich keine Arbeit mehr für mein Team hatte, fragte ich Freunde in Deutschland, ob sie vielleicht ein paar Euros übrig hätten. Die Resonanz war überwältigend, das mir entgegengebrachte Vertrauen rührend.
Das Geld half Leuten ihren Führerschein zu machen und dadurch eine Anstellung zu finden, und es zahlt noch heute Nahrungsmittel, Schuluniformen, Bücher, Medikamente und Wasserrechnungen.
Und manche N$ helfen sogar mehrmals. Nämlich als Mikrokedite. Kleine Kredite von umgerechnet 20 Euro helfen Leuten. Sei es der UV Nageltrockner um Maniküre anzubieten. Oder das Fleisch, das man günstig beim Farmer kauft und als Burger verarbeitet mit Profit weiterverkauft. Dann kommt der Dollar zurück in den Spendenfonds.
Es ist unglaublich zu sehen, wieviel ein kleiner Betrag bewirken kann. Vor allem auch in Hinblick auf das Selbstvertrauen der Emfänger. (Mehr als so manche Entwicklungshilfe, aber das ist eine politische Debatte.)
Auch ist es sehr erhellend, zu sehen und wirklich zu verstehen, wo Probleme ihren Ursprung haben und wie die Betroffenen sie selbst versuchen zu lösen – nämlich oft ganz anders als wir (besserzuwissen) denken.
Wenn ein Euro ein Sprungbrett ist
Manchmal ist spenden ein humanitärer Akt. Einem Straßenkind oder Bettler ein paar Nam Dollar zu geben, kann die Not in dem Moment mildern und sagen „ich sehe dich und mir ist dein Schicksal nicht egal“. Spendenaufrufe der humanitären Art kennt man aus Afrika, und all die dazugehörigen Bilder.
Die Leute, die ich privat und mit Spenden aus Deutschland unterstütze sind weder abgemagert und sie leben auch nicht in Blechhütten. Es sind Leute, die einfach gewisse Chancen im Leben nicht hatten. Die aber in der Lage sind, mit ein bisschen Führung und Unterstützung voranzukommen und ihr Leben und das ihrer Kinder zu verbessern.
Denzell zum Beispiel. Zwölf Jahre zur Schule gegangen, guter Abschluss. Zum Studieren oder für irgendeine Ausbildung reichte das Geld nicht. Also ging er jobben um wie von ihm erwartet, etwas zum Haushalt beizutragen, denn „wir müssen essen, wir brauchen Strom und dein kleiner Bruder muss zur Schule“. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von offiziell 40% (in Realität wohl höher) und vielen Jobs die zum Leben nicht reichen, schlug er sich wie viele andere mehr oder minder erfolgreich durch. Einer seiner Jobs war bei mir in der Firma, wo er bei Veranstaltungen Ticket verkaufte und scannte und sich zum Teamleader hocharbeitete, denn Denzell ist gut. Er lernt schnell, ist pünktlich, zuverlässig, professionell, übernimmt Verantwortung und behält immer die Ruhe. Aber auch das war halt nur ein Gelegenheitsjob. Und als Covid kam, war das auch erst einmal vorbei. Also was nun?
Wenn einer an einen glaubt
Das von Freunden, Familie und Bekannten gespendete Geld bezahlte Denzell einen Führerschein. Er hatte gefragt, ober er den für kleinere LKW gleich mitmachen könne. Und das hat er dann auch gemacht. Die Kosten für einen Führerschein sind in Namibia ein Bruchteil von denen in Deutschland.
Mit der Qualifikation in der Tasche, öffnete ich ihm die Tür für ein Vorstellungsgespräch bei der Firma eines Freundes, die Techniker suchte. Es klappte. Dort arbeitet Denzell seit 2021 und ist inzwischen nicht mehr nur Techniker, sondern auch zuständig für das kleine Lager und auf der Baustelle auch Teamleader. Und er ist der einzige, der den Kleintransporter der Firma fahren kann.
Ab und zu helfe ich Denzell noch immer aus. Wenn es einen guten Deal gibt oder wenn am Ende vom Geld einfach noch zu viel Monat übrig ist, weil die Mutter oder der Bruder oder der entfernte Onkel irgendetwas brauchten. Die Verpflichtungen der Familie gegenüber nennt man Black Tax (schwarze Steuern) und hätten wir in Deutschland nicht all unsere Sozialversichergungen, wäre das bei uns sicher genauso. Zum entferten Onkel einfach Nein zu sagen ist dabei keine Option, da man ja nie weiß, wann man selber wieder arbeitslos und auf die Familie angewiesen ist.
Wenn Denzell Geld braucht, sind das heute aber keine Spenden mehr, sondern meist Mikrokredite, die er zurückzahlt wenn er mal wieder was extra machen konnte, z.B. bei Webtickets, wo er nach nach Covid natürlich wieder Teil von unserem Team von Aushilfen wurde.
Wenn sich Türen öffnen
Das in Denzell, Vonny, Leandra, Rashida, Quelery und Nicole investierte Geld hat keines der riesigen Probleme Afrikas gelöst. Aber es hat alle von ihnen ein Stück voran gebracht. Es hat am Anfang vom Jahr, im Januworry, für ihre Kinder die neue Schuluniform und die Schreibwaren bezahlt. Es hat Medikamente bezahlt und bei der Stadtverwaltung das Minimum an Schulden abgetragen, so dass Strom und Wasser wenigstens wieder angeschaltet wurden. Es hat Bücher und kleine Weihnachtsgeschenke und Fleisch bezahlt, das zu Burgern verarbeitet einen kleinen Profit einbrachte. Es hat einen UV Nageltrockner bezahlt, so dass man wieder Maniküren anbieten konnte. Es hat einen Abschluss als Pflegehelferin bezahlt, der zwar noch nicht zu einer Anstellung führte, aber die Töchter trotzdem stolz auf ihre Mutter machte.
Wenn du auch mitmachst...
dann können wir den Spendenfonds wieder auffüllen und unsere Gruppe weiterhin unterstützen. Gerne würde ich im Januar wieder unter die Arme greifen, wenn das neue Schuljahr beginnt und Schulmaterialien gekauft werden müssen.
Wir sind zwar kein eingetragener Verein oder so, und können daher keine Spendenquittungen ausgeben. Verwaltungskosten und dergleichen haben wir dafür aber auch nicht und können daher aufrichtig sagen, dass jeder Euro ankommen wird. Ich führe eine Liste über alles was rein- und rausgeht und schicke ab und zu Fotos und Geschichten per Mail oder Whatsapp raus. So lernst du die Leute kennen und bekommst vielleicht ein anderes Verständnis von „Afrika“.